Meine leider viel zu früh verstorbene Mutter war Köchin in einem Betrieb, der die Schulen in meiner Heimatstadt mit einer warmen Mittagsmahlzeit versorgt hat. Das nannte sich zu DDR-Zeiten Schulspeisung, und war eigentlich eine ziemlich gewandte Sache. Die Kinder wurden in der Schule mit einer gesunden 3-Gänge-Mahlzeit versorgt, während die Eltern in den volkseigenen Betrieben Tages-füllend lang gearbeitet haben. Dieses Konzept gehört vermutlich zu den besseren Errungenschaften der DDR, das es so meines Wissens nicht mehr gibt. Der Beruf meiner Mutter hatte für mich den enormen Vorteil, dass ich immer schon am Wochenende wusste, was es kommende Woche auf den Tellern geben wird.

Natürlich hat meine Mutter auch Zuhause gekocht. Sie hatte ein handgeschriebenes Rezeptbuch, in einem orangen Einschlag, das erstaunlicherweise fast nur Rezepte für Kuchen und andere Süßwaren beinhaltet hat. Alles andere, hat meine Mutter aus dem Kopf, oder wie ich es sagen würde, nach Gefühl gekocht. Ich habe mich damals leider nicht sonderlich für das interessiert, was in der Küche abgegangen ist, erinnere mich aber, dass meine Mutter ständig mit dem Kochlöffel probiert und Prisen hiervon und davon dazugegeben hat, bis es genauso so war, das sie es guten Gewissens und voller Stolz ihrer Familie serviert hat.

Das ist auch, wie ich heute selbst koche. Anders als meine Mutter habe ich eine Sammlung von Rezepten, die über Kuchen hinausgehen. Ehrlicherweise, habe ich sogar kaum Kuchenrezepte, da ich, wenn ich backe, sowieso nur einen von meinen zwei Lieblingskuchen backe. Da ich kein Koch bin, brauche ich die Rezepte als Gedankenstütze, um vor allem für Gerichte, die ich nur 2-3 mal pro Jahr koche, grobe Mengenangaben und Garzeiten abzurufen. Selbst mit Rezept koche ich aber am Ende eher wie meine Mutter. Also egal was im Rezept steht, ich probiere ständig und verfeinere, bis es meinen aktuellen Geschmack trifft und ich mich traue, es den kritischen Mitessern vorzusetzen. Dabei kommt dann schon ab und an etwas anderes raus, als ich anfangs vielleicht geplant hatte. Und selbst gewohnte Gerichte, schmecken manchmal halt anders, weil der Geschmack in diesem Moment vielleicht spazieren gegangen ist. Und manchmal, wenn ich etwas koche, dass es nicht so oft gibt, denke ich mir, wenn es auf dem Tisch steht auch hin und wieder, dass ich mich wohl besser ans Rezept gehalten hätte.

Heute gab es jedenfalls bei uns Rosenkohl. Den gab es damals auch bei meiner Mutter ab und an. Denn auch wenn sie mit aller Leidenschaft und Liebe für Schüler, und Zuhause für ihre eigenen Kinder gekocht hat, hin und wieder wollte sie halt etwas auf dem Tisch, worauf sie Lust hatte. Und dann gab es halt Rosenkohl, oder Königsberger Klopse (mit ganz und gar schröööööcklichen Kapern). Wenn ich an Rosenkohl damals zurückdenke, dann habe ich immer diesen Song im Kopf. Radio PSR, mit dem Sinnlos Telefon, war damals überhaupt das Ding überhaupt. Ich hatte auf jeden Fall mehrere CD’s von dem Unfug. Aber ich will nicht abschweifen.

Mittlerweile finde ich Rosenkohl nicht mehr ganz so schrecklich, war aber bis jetzt auch nicht so wild danach, als dass es ihn mehr als zweimal pro Jahr gegeben hätte. Heute gab es dann auf jeden Fall das erste Mal für dieses Jahr Rosenkohl. Sonst hab ich den ja immer im Ganzen gebraten, mit Salz, Pfeffer und Balsamico-Creme abgeschmeckt und Mandelblättchen garniert serviert. Heute hatte ich Lust auf etwas anderes und habe einfach das erste Rezept, das mir Google angeboten hat, genommen. Und was soll ich sagen, dieses Rosenkohl-Rezept war der Hammer! Schöne Röstaromen, leichte Süße durch den Zucker … tolles Mundgefühl. Sogar meine Frau meinte, dass wir ruhig öfter Rosenkohl machen könnten.

Rosenkohl und ein Messer liegen auf einem Schneidebrett, während mehr Rosenkohl in einer Metallschüssel liegt, und ein Fisch ist im Hintergrund zu sehen.

Eine Auflaufform mit Resten von Saibling und eine Pfanne mit gebratenem Rosenkohl sind zu sehen.

Dazu gab es Saibling, den ich gestern frisch von der Köppelmühle geholt hatte. Ja, vielleicht nicht die gängigste Kombination, aber es hat tatsächlich ganz hervorragend geschmeckt. Und am Ende war das auch eine Zufallskombination. Nachdem meine Frau am Wochenende Dienst hat, gab es keinen vorgefertigten Essensplan. Ich war dann also am Samstagvormittag beim Einkaufen, und bin ganz spontan zur Fischerei gefahren und habe Saibling geholt, einfach weil ich Lust drauf hatte.

Der Fischerei Köppelmühle mit Informationstafeln und Wasserbecken in einer ländlichen Umgebung.

Ein traditionelles deutsches Gebäude (Fischerei Köppelmühle) mit weißen Wänden, grünen Fensterläden und einem Schornstein steht vor einem gepflasterten Hof, umgeben von Bäumen.

Danach war ich dann im Supermarkt, um noch Beilagen einzukaufen, und dort ist dann der Rosenkohl im Einkaufswagen gelandet. Na ja, was ich eigentlich sagen wollte: Es gab heute Rosenkohl mit Saibling, und es war sehr lecker.