Unsere Kellertür ist jetzt etwas hilfsbereiter
Ich habe meinen Urlaub letzte Woche genutzt, um unsere Kellertür mit einem elektronischen Türschloss auszustatten. Das Schloss lässt sich komfortabel per Fingerabdruck öffnen, unterstützt aber auch RFID-Chips und sogar AirTags können zum Entsperren genutzt werden. Funktioniert erstaunlich zuverlässig, ganz ohne irgendeine Bridge, Cloud- oder App-Zwang.
Man könnte theoretisch noch jede Menge smarte Funktionen aktivieren, wie beispielsweise zeitlich limitierte Zugänge für bestimmte Personen, eine zusätzliche Zwei‑Faktor-Authentifizierung oder eine automatische Entsperrung, sobald das Smartphone in der Nähe ist konfigurieren. Brauche ich aber alles gar nicht.
Mir ging es vor allem um diese Alltagssituationen, in denen ich mal wieder ohne Schlüssel dastand zu entschärfen. Etwa nach dem Einkauf, den man mal eben im Keller verstauen will. Oder beim Kochen, wenn ich in den Keller gerannt bin, um dringend Olivenöl, eine Dose passierte Tomaten oder TK-Kräuter zu holen. Und dann stand ich genervt vor verschlossener Tür, während die Pfanne gebrutzelt hat.
Und Gäste, die das Gästezimmer im Keller nutzen, gibt es jetzt einfach einen RFID-Chip in die Hand gedrückt.
Die Skepsis zu solchen Schlössern in diesem Haushalt war enorm groß, aber nach nur ein paar Tagen ist das Feedback überragend positiv und keiner will es mehr hergeben. 80 Euro und 30 Minuten investiert, alle glücklich. So einfach kann es manchmal sein.
Offenbar ist heuer ein gutes Quittenjahr. Wir können uns vor Angeboten, welche abzunehmen, jedenfalls kaum retten. Manche machen Schnaps daraus, wir genießen sie lieber pur, als Deko und wegen ihres betörend süßen Raumdufts.

Betende Trucker
Als wir kürzlich Nachts auf der Autobahn an zahlreichen LKW vorbeigefahren sind, fragte meine Frau: Die müssen doch alle Lenkpausen einhalten. Wo schlafen die dann eigentlich?
Ich habe dann kurz angefangen über die Betten hinter den Fahrersitzen auszuholen, als sie meinte, das wisse sie schon. Aber die würden da doch nicht ernsthaft drin schlafen? Also im Notfall, klar. Aber sonst gehen die doch wohl hoffentlich bitte in Hotels?
Ich liebe es, wenn meine Frau solche Kinderfragen stellt. Wie damals, als wir im Herbst an einem gelb blühenden Feld vorbeigefahren sind und sie mich fragte, seit wann Raps im Herbst blüht. Ich habe das mit „Das ist Senf, Spatzl“ beantwortet, woraufhin sie fragte „Süßer oder scharfer?“. Wir lachen heute noch darüber, wenn wir Senffelder sehen.
Na jedenfalls, rund um diese Frage, wo Fernfahrer nun eigentlich schlafen, habe ich meiner Frau erklärt, dass ich früher auch mal beruflich 40-Tonner fahren wollte. Sie schaute mich sehr erstaunt an und meinte: Häh, ich dachte, du wolltest Pfarrer werden? Ja das auch. Waren wilde Zeiten.
Pfarrer wollte ich werden, weil ich als Kind oft meine Großeltern im thüringischen Eichsfeld besucht habe. Was für ein fantastischer Ort. Ich habe dort wirklich gern einige Wochen meiner Sommerferien verbracht. Nur die Gottesdienste, zu denen ich meine Großeltern begleitet habe, waren so furchtbar langweilig. Und so hatte ich schon mit 8 Jahren den Wunsch Pfarrer zu werden, weil ich wusste, ich kann’s besser und bei mir würde sich niemand auf den Bänken langweilen. Lange bevor ich von amerikanischen Kirchen wusste (wir reden hier von DDR-Zeiten), wollte ich fetzige Gottesdienste und die Kirche von innen revolutionieren. Ich erinnere mich, wie ich das immer als Antwort gegeben habe, wenn mich jemand nach dem Warum gefragt hat, wenn ich gesagt habe, ich möchte Pfarrer werden. Die Reaktionen waren Lachen und hochgezogene Augenbrauen. Ich glaube nicht, dass mich jemand ernst genommen hat, aber diesen Berufswunsch hat mir auch niemand ausgeredet.
Der ist nämlich von ganz allein vorübergezogen, als Auf Achse in unserem heimischen Wohnzimmer Einzug gehalten hat. Ab da wollte ich Fernfahrer werden, so wie Franz Meersdonk einer war. Die ganze Zeit auf Tour, Terminfracht ausliefern und wilde Abenteuer erleben. Der Gesichtsausdruck meiner Frau war im Dunkel des Autos nicht zu erkennen, aber das ungläubige Schweigen, gefolgt von einem „Du bist verrückt“ hat eigentlich auch alles gesagt.
Als ich das hier so aufschreibe, habe ich natürlich auch auf YouTube nach „Auf Achse“ geschaut. Es gibt tatsächlich alle Staffeln online. Und zu Recherchezwecken habe es wirklich versucht, aber ich weiß wirklich nicht mehr, was mich damals an dieser Serie fasziniert hat. Es müssen wohl die großen LKW und die fernen Länder gewesen sein. Ansonsten ist die Serie erschreckend schlecht gealtert und ich habe keine 20 Minuten durchgehalten, in dem Versuch das Gefühl von damals heraufzubeschwören. Aber das Intro klickt bei mir noch immer, und ich es juckt mich ehrlich gesagt in den Fingern, die Titelmelodie als Klingelton einzurichten.
Interessanterweise kann ich mir auch heute noch vorstellen, im Grunde jeden Job zu machen. Mein wohl größtes Talent ist, dass ich Generalist bin. Das heißt, ich kann eigentlich nichts so wirklich und bin so vielseitig interessiert, dass ich von heute auf morgen komplett neue Interessen aufbauen und alles, was gestern war, vergessen kann.
Das führt manchmal dazu, dass ich genervt von bestimmten Dingen denke „Ich brauch das hier alles gar nicht! Ich kann auch Busfahrer werden.“. Und dann denke ich über Busfahrer nach, und dass das eigentlich ein cooler Job wäre. Ich male mir Dienstpläne aus, denke an nette und an nicht so nette Passagiere, bis jemand kommt und mir plötzlich von Bestattern erzählt, und dann denke ich, wie unheimlich entspannt das wohl sein muss und dann dreht sich mein Gedankenkarussell von vorne. Vielleicht sollte ich mich wirklich mal auf ADHS testen lassen?
Unsere gefiederten Freunde im Garten können sich jetzt auch wieder die Bäuche vollschlagen.

Raus aus dem Münchner Nebel, rauf auf den Jägerkamp
Ich habe den letzten Urlaubstag genutzt, dem trostlosen (aber durchaus ansehnlichen) Münchner Nebel zu entfliehen. Kurz nach 9 Uhr bin ich am Spitzingsattel angekommen, hab die Wanderstiefel geschnürt und bin in Richtung Jägerkamp losmarschiert. Die Gipfel rund um den Jägerkamp standen schon eine Weile auf meiner Liste, hat aber bisher nie geklappt, vor allem weil das Gebiet von Dezember bis Juli nicht betreten werden darf.

Beim Aufstieg habe ich deutlich gemerkt, welche Konsequenzen 4 Wochen ohne Sport auf meine Leistungsfähigkeit haben. Ich bin jedenfalls beim Aufstieg ordentlich ins Schnaufen gekommen und wurde auch von zahlreichen anderen Wanderern überholt. Das war eine gute Gelegenheit, die Aussicht beispielsweise auf die letztes Jahr bestiegene Brecherspitz zu genießen, oder eine erste Brotzeit in der (geschlossenen) Jägerbauernalm zu vernichten.




Kurz vor dem nochmals steilen Anstieg zum Jägerkamp kam der deutliche Hinweis, dass es sich, zum Schutz der Raufußhühner, um ein zeitlich begrenzt zugängliches Gebiet handelt. Von hier hatte man auch einen herrlichen Ausblick auf die Aiplspitz, die auch noch auf meiner Liste steht.


Am Gipfel des Jägerkamp angekommen, war ziemliches Gedränge angesagt. Ich hätte nicht gedacht, dass sich heute so viele auf den Bergen tummeln. Es gab jedenfalls einen herrlichen Ausblick über den Spitzingsee, mit dem Großraum München unter einer dichten Wolkendecke am Horizont.

Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es in Richtung Wildes Fräulein, was ein ziemlich anstrengender Abstieg war, bei dem ich mich auch noch verlaufen habe, und dann wieder zurück durfte. Ich habe wirklich kurz überlegt, ob ich das Wilde Fräulein überhaupt noch mitnehmen soll, habe aber dann doch durchgezogen.



Vom Wilden Fräulein sollte es wieder hoch zum Jägerkamp gehen, was echt eine enorme Plackerei war. Ich war wirklich klatschnass, aber die Höhensonne hat gut gewärmt. Aber ohne die Wanderstöcke hätte ich den Aufstieg nicht gepackt. Auf dem Weg zur Benzingspitze gab es dann immer mehr Schneefelder und man hat deutlich gesehen, dass der Gipfel nicht so oft besucht wird. Das war dann auch der einzige Gipfel heute, an dem ich niemanden getroffen habe und den Ausblick ganz allein genießen konnte.


Von der Benzingspitze ging es auf dem direkten Weg zum Spitzingsattel. Der Abstieg hat sich echt etwas gezogen und ich war sehr erstaunt, 2 Stunden vor Sonnenuntergang noch viele Wanderer in die Berge ströhmen zu sehen.



Am Spitzingsattel angekommen, habe ich noch 3 ältere Damen zum Bahnhof Spitzingsee mitgenommen, da der Bus scheinbar überfüllt war und der Busfahrer sie ziemlich unwirsch hat stehen lassen. Das war den drei Ladies jeweils 3 Karmapunkte wert.
Fazit: Ich bin froh dem tristen Wetter in München heute mit dieser Tour entkommen zu sein. Und endlich konnte ich auch die 3 Gipfel in meinem (virtuellen) Gipfelbuch verewigen. Insbesondere der Teil vom Jägerkamp zum Wilden Fräulein (und zurück), war sehr herausfordernd und aus meiner Sicht sind Wanderstöcke hier Pflicht. Würde ich nicht nochmal gehen.
Der (Super)Mond ist aufgegangen …
